Trotz Lockdown sind gleich mehrere vielversprechende Restaurant-Konzepte in der Hauptstadt gestartet. Die Ziele der teils prominenten Gastgeber sind ambitioniert.
Die Pandemie und die erneute Zwangsschließung hat die Berliner Gastronomie weiterhin fest im Griff. Noch ist nicht abzusehen, wie nach der Rückkehr zur Normalität die Gastrolandschaft an der Spree aussehen wird – nicht auszuschließen, dass zahlreiche Betriebe nicht wieder öffnen werden. Bei einigen Betrieben ist das bereits bittere Realität, etwa bei der Schöneberger Traditionskneipe Jonas, wo die Tür nach mehr als 40 Jahren künftig geschlossen bleibt. Doch trotz Lockdown gehen auch neue Restaurants an den Start.
So hat der deutsch-schwedische Sternekoch Björn Swanson, unter anderem bekannt aus dem Berliner Restaurant Golvet, noch im Oktober 2020 kurz vor dem Lockdown sein eigenes Lokal in Schöneberg eröffnet. In den Räumen in einem typischen Berliner Altbau mit großer Bürgersteigterrasse befand sich zuvor das Weingut, und zuletzt das Restaurant und Weinbar Hetz. Der Name Faelt (deutsch: Feld) soll an Swansons nordische Wurzeln erinnern. Swanson will mit einem „produktbezogenen, puristischen Konzept ohne Schnickschnack“ überzeugen und so auch wieder den Michelin-Stern erkochen, den er zuletzt im Golvet und zuvor im Gutshaus Stolpe gehalten hatte.
Aber das kann noch eine Weile dauern. „Wir haben aktuell komplett geschlossen und sitzen den Lockdown aus. Ein To-go-Angebot entspricht weder unserem Qualitätsanspruch noch unserem Verständnis von Nachhaltigkeit – etwa Verpackungsmüll. Wir nutzen die freie Zeit um uns weiterzubilden, kreativ zu sein und um nach weiteren Locations für die Zukunft zu suchen“, so der Berliner Meisterkoch. Außer seinem neuen Projekt betreibt Swanson im Bikini-Haus den Fine-Dining-Hot-Dog-Laden The Dawg und das auf gastronomische Konzeptentwicklung und Beratung spezialisierte Unternehmen „the mind behind“.
Mit Arne Anker, zuletzt im Pauly Saal, hat ein weiterer Sternekoch mit dem Brikz sein erstes eigenes Restaurant im November, mitten im Lockdown, in der Nähe des Savignyplatzes eröffnet. „Wir hatten mit einem erneuten Lockdown gerechnet und bereits seit Wochen ein ausgearbeitetes Take-away-Konzept in der Tasche, mit dem wir dann gestartet sind“, erläutert Anker. Gewählt werden kann zwischen einem 3-Gänge-Menü oder dem großen Menü mit vier Gängen (zusätzlich mit Amuse Bouche, Zwischengang und Petit Fours).
Anfang November ist das 12Seasons von Vitali Müller und Tim Hansen, der unter anderem zuvor Hoteldirektor des Grandhotels Heiligendamm war, sowie Küchenchef Kamel Haddad an den Start gegangen – die drei haben bereits gemeinsam das Restaurant Neumond in Mitte bespielt. Im November und Dezember wurde jedoch unter dem Namen Markt12 zuerst nur die Terrasse des Restaurants in den Räumen des ehemaligen Juleps für den Außer-Haus-Verkauf geöffnet. Inzwischen wurde das Angebot etwas verkleinert. Derzeit gibt es ein vier- bis achtgängiges Take-away-Menü (55 bis 95 Euro). Auf der Markt12-Karte standen etwa Kürbissuppe, Wild-Bratwurst mit Tomaten-Chutney und Chili-Mayo, Rinderbacke mit Kartoffelpüree und Maronen-Ragout oder Graupen-Risotto mit Waldpilzen und Parmesan – aber auch selbstgemachte Produkte wie Sauerteigbrot und Quitten-Marmelade.
Der Name des Restaurants spielt zugleich auf das Konzept an. Saisonale Produkte stehen im Mittelpunkt, jeden Monat wird die gesamte Karte gewechselt. „Wir bringen den Rhythmus der Natur mit wechselnden Menüs und höchstem Anspruch auf die Teller – jeden Monat neu“, sagt Tim Hansen. Dabei steht jeder Monat unter einem besonderen Motto. Passend dazu holt sich das 12Seasons die ebenfalls monatlich wechselnde Weinbegleitung aus der Nachbarschaft und kooperiert etwa mit dem Weinladen Schmidt.
Seit Ende November ist das Decorestaurant in der City-West geöffnet, am 28. Dezember feierte es seine offizielle Eröffnung digital. Hinter dem wohnlichen Restaurant stehen die Interieurexperten von Decoculture. „Entstanden ist das Konzept aus unserer gemeinsamen Leidenschaft für gutes Essen“, so Inhaberin Zuzanna Stern und spricht damit für ihr internationales Team. Ihr Einrichtungsgeschäft in der Uhlandstraße steht für traditionelles Handwerk und für Design, das sich über kurzlebige Trends hinwegsetzt. Partner bei dem Restaurant-Projekt sind der portugiesische Küchenchef Markus Melo Ley und der Brite Dannel Carter.
„Im Decorestaurant gestalten wir mit ausgewählten Möbeln, Leuchten und Accessoires den wohnlichen Rahmen für kulinarische Erlebnisse. Als gastronomischen Ableger unseres Konzeptes möchten wir das Decorestaurant zu einem Wohlfühlort mit besonderem Service machen. Alle Einrichtungsgegenstände – von den Stühlen über die Tische bis zum Besteck – können von unseren Gästen erworben werden“, sagt Dannel Carter. Der ehemalige Grafik-Designer und Membership-Manager im Soho House hat im Lokal die Rolle des Gastgebers übernommen.
Küchenchef Markus Melo Ley startete seine Karriere als Sales- und Marketing-Manager für Brands wie Reebok, Vice Magazine und Barbour, bevor er 2015 vom Schreibtisch an den Herd wechselte. Seit 2017 kocht er in verschiedenen Restaurants in Berlin. „Das Menü soll unseren Gästen das Gefühl geben, an verschiedenen Urlaubsorten zu verweilen,“ erläutert der Portugiese. So finden sich auf der Karte Lammkarree mit schwarzem Hummus, ein Miso-Pilz-Risotto, hausgemachte Trüffel-Tagliatelle, eine vegane Tatar-Auswahl und internationale Crossover-Spezialitäten. Derzeit werden alle Speisen vom Frühstück bis zum Dinner zum Mitnehmen angeboten.Und es gibt noch eine Besonderheit: Vierbeiner sind willkommen. „Wir lieben Haustiere“, sagt die polnische Unternehmerin – dementsprechend wird ein eigenes Vierbeiner-Menü angeboten.