Sportler, Superstar, gefallener Engel. Boris Becker bedient viele Rollen und lässt sich bei einem Gesprächsabend im Lindenhof in Gotha in die Karten schauen.
GOTHA. Er ist nach wie vor einer der bekanntesten Deutschen: Die Tennislegende "Bumm Bumm" Boris Becker (51). Am Mittwochabend trat er im 4-Sterne-superior-Hotel Der Lindenhof in Gotha auf.
Becker ist gut aufgelegt. Er ist nahbar, lobt freundlich die Süßkartoffelsuppe, beantwortet geduldig die Fragen, auch aus dem Publikum, und gibt Autogramme. „Ich bin ein fürchterlicher Typ“, beschreibt er seine Aufgabe als Trainer etwa des Weltranglistenersten Novak Djokovic und als Head of Mens Tennis des Deutschen Tennisbundes. „Ich bin dein bester Freund und dein schlimmster Feind. Diese Sprache verstehen die Spieler.“ Anders seien die ganz großen Erfolge nicht zu erreichen. Becker berichtet auch über sein körperbetontes Spiel und seine Verletzungen. „Fast alle Körperteile sind nicht mehr meine“, scherzt er. Aber auf der Bühne ist zu sehen, dass er sich mühsam bewegt und ein Bein nachzieht. Doch er ist optimistisch: „Bei mir ist es wichtig, dass meine Seele gesund bleibt, und die ist gesund. Alles andere kann man flicken.“
200 Gäste bezahlen 250 Euro EintrittEs ist die 64. Folge der Gesprächsreihe „Ein Abend mit…“, die Hotelchef Olaf Seibicke seit vielen Jahren mit großem Erfolg gestaltet. Und das Interesse ist riesig. Rund 200 Gäste verfolgen beim Abendessen den lockeren Austausch, der Ihnen mit Abendessen 250 Euro Eintritt wert ist. Überraschungsgast ist der frühere Präsident des Deutschen Tennisbundes, Claus Stauder, der Becker über viele Jahre hinweg verbunden war.
Tennisfans Seite an Seite: (von links) Hotelchef Olaf Seibicke, ahgz-Chefredakteur Rolf Westermann, Tennislegende Boris Becker und Carsten K. Rath
Das Wohnzimmer von Boris Becker (51) liegt bekanntlich in London. So bezeichnet er jedenfalls gern den Wimbledon-Tenniscourt, wo er dreimal gewann und mit damals 17 Jahren bis heute den Rekord als jüngster Sieger hält. Seit seinem zwölften Lebensjahr reist Becker um die Welt, zunächst als Spieler mit 49 Einzel-Turniersiegen, dann als Moderator unter anderem für die
BBC und
Eurosport und später als Trainer. Im Gespräch ist er allerdings auch wegen seiner Ehen und Beziehungen, seinen Poker-Runden und dem Insolvenzverfahren, das sich seit 2017 zieht. Mit seinen Autobiografien „Augenblick, verweile doch“ (2003) und „Das Leben ist kein Spiel“ (2013) heizt er den Hype und die Kontroverse um seine Person selbst an.
Über sich sagt Becker: „Ich war immer schon ein bisschen anders.“ In seinem Leben gebe es regelmäßig Matchbälle, aber im Notfall könne er sich auf sich verlassen. Als ein Video-Gruß an seine Ex-Frau kam, fragt er „welche?“ Zur Situation in Deutschland meint er: „Ich fühle mich persönlich angegriffen, wenn man Leute nach der Hautfarbe beurteilt.“
Vorab hatte Becker im
ahgz-Interview mit Blick auf die Veranstaltung erklärt: „Seit fast 20 Jahren habe ich in der ganzen Welt solche Abende, komischerweise ganz selten nur in Deutschland.“ Es reize ihn, wenn er sich über Themen unterhalten kann, die ihn bewegen, wie Kultur, Wirtschaft, Sport und was es heißt, berühmt zu sein. „Manche sagen dann, diese Seite von Ihnen habe ich nicht gekannt. Aber das ist keine Seite, sondern das bin ich, denn ich kann mich nicht zwei Stunden lang verstellen. Der 17-jährige Tennisspieler aus Leimen ist mittlerweile 51 Jahre alt. Das haben viele nicht erwartet.... Ich bin immer Boris Becker."
Becker: "B&B Hotels-Kampagne hat meinen Humor getroffen"Becker hat auch eine populäre Werbung für die Budgetkette B&B Hotels gemacht („Wo hat Boris Becker nur sein ganzes Geld gelassen? Hier jedenfalls nicht!“). Dazu meinte er in der
ahgz: „Vor allem fand ich die Kampagne sehr gut, sie hat meinen Humor getroffen, damit kann ich gut umgehen. Diese amüsante Leichtigkeit ist in Deutschland oft schwer zu finden. Und die Initialen meines Namens – BB – passen natürlich hervorragend.“
Olaf Seibicke ist seit rund 20 Jahren Hotelchef in Gotha und hat die Gesprächsreihe 2008 etabliert. Zu seinen Gästen am Abend gehörten bisher unter anderem Uschi Glas, Uli Hoeneß, Kolja Kleeberg, Johann Lafer, Howard Carpendale, Stefanie Hertel und Gudrun Landgrebe. Exklusive Gourmetreisen des Lindenhofs führen etwa zum Gewürzpapst und Starkoch Alfons Schuhbeck nach München, an den Tegernsee zu 3-Stene-Koch Christian Jürgens im Althoff-Seehotel Überfahrt oder in Brenners Park Hotel und Spa nach Baden-Baden. Auf dem Programm steht demnächst die Elb-Philharmonie und Gregor Gysi wird sich auch auf die Bühne im Lindenhof setzen. „So einen Event zu gestalten elektrisiert das gesamte Hotel“, betont Seibicke. Alle rund 40 Mitarbeiter sind dann im Einsatz.
Mit seinen Gourmetreisen für jeweils rund 70 Personen macht das Hotel etwa 250.000 Euro Umsatz pro Jahr. Zum Auftritt von Hoeneß sagte Seibicke vor rund einem Jahr: „Als Unternehmer und als Bayern-Fan bin ich sehr glücklich. Es war ein Donnerstag und wir hatten 74.000 Euro Umsatz. Da bleibt mehr übrig als bei unserer Silvesterveranstaltung.“
rw