Erste Umfragen zeigen ein durchwachsenes Bild nach den Öffnungen. Drei von vier Betrieben machen Verlust.
STUTTGART. Die Bundesregierung will Familien, Kulturschaffende und den Mittelstand im Rahmen eines Konjunkturprogramms unterstützen.
Folgende Punkte sollen enthalten sein:
- Eine Einmalzahlung pro Kind (zw. 300 und 600 Euro)
- Konsumgutscheine seitens des Staates für die gesamte Bevölkerung
- Finanzieller Ausgleich für Gastwirte und Kulturschaffende für Einkommen, die in der Krise verloren gingen
- Unternehmen sollen günstigere Abschreibungsmöglichkeiten erhalten und Investitionszulagen erhalten
Laut einem Eckpunkte-Entwurf des Wirtschaftsministeriums, das der
ahgz vorliegt, sind auch konkret Hilfen für den Mittelstand vorgesehen, um die nächsten Monate besser zu überstehen. Mittelständische Firmen mit bis zu 249 Mitarbeitern sollen von Juni bis Dezember
monatlich bis zu 50.000 Euro bekommen können. Sie müssen für die Monate April und Mai 2020 einen Umsatzeinbruch von mindestens 60 Prozent gegenüber dem Vorjahr nachweisen können. Ziel der Hilfe sei es, die Existenzen der Betriebe zu sichern. Das Gesamtvolumen des Hilfspakets speziell für den Mittelstand beträgt 25 Mrd. Euro bis August. Sonstige Corona-Maßnahmen werden allerdings verrechnet, beispielsweise, wenn ein Betrieb im Juni noch Direkthilfe erhält.
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Ingrid Hartges: "Der Maßstab muss sein, wie stark ein Betrieb betroffen ist!"
Das nächste Hilfspaket des Bundes richtet sich wieder nicht an die gesamte Branche, sondern an Betriebe mit bis zu 249 Mitarbeitern. Das kritisiert der Dehoga Bundesverband.
Möglich ist eine monatliche Fixkostenerstattung - wobei diese nicht genauer definiert sind - in Höhe von:
- 80% der Fixkosten bei mehr als 70% Umsatzeinbruch
- 50% der Fixkosten bei Umsatzeinbruch zwischen 50% und
- 70%, jeweils Fördermonat im Vergleich zum Vorjahresmonat
- Keine Erstattung bei Umsatzeinbruch von weniger als 50%
Wichtig für die Antragsstellung - es handelt sich um ein zweistufiges Verfahren: 1. Bei Antragstellung Glaubhaftmachung durch geeignete Nachweise (z.B. Jahresabschluss, Steuerbescheid). Auszahlung auf Grundlage von Bestätigungen durch Steuerberater/Kammern für monatliche Umsatzprognosen
2. Nachträgliche Nachweispflicht (z.B. Umsatzsteuervoranmeldung, vom Steuerberater geprüfte Betriebskostenabrechnung) Rückerstattung zuviel erhaltener Zuschüsse (z.B. wenn Umsatzentwicklung besser als erwartet).
Die Verluste des Gastgewerbes durch die Coronakrise sind enorm. Im März ist laut Statistischem Bundesamt der Gastgewerbeumsatz um die Hälfte eingebrochen. Gastronomen mussten im März im Schnitt Verluste von 42,4 Prozent hinnehmen, Hoteliers von 51 Prozent. Der Dehoga Bundesverband fordert weiterhin von der Politik einen eigenen Rettungsfond mit direkten Finanzhilfen, da in der Branche rund 70.000 Betriebe kurz vor der Insolvenz stünden.
Drei von vier Betrieben machen weiterhin Verlust Auch eine erste Bilanz des Dehoga Baden-Württemberg nach den Gastro-Öffnungen ist leider durchwachsen. So gebe es von den Gästen zwar viel Verständnis für die jetzt geltenden Abstands- und Hygieneregelungen, doch drei von vier Betrieben im Land können unter den aktuellen Bedingungen nicht wirtschaftlich arbeiten.
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Branche kämpft ums Überleben
Die Öffnung der Gastronomiebetriebe erweist sich unter den neuen Bedingungen vielerorts als nicht wirtschaftlich. Dehoga-Präsident Guido Zöllick fordert erneut einen Rettungsfonds.
Rund 2800 Gastronomiebetriebe aus Baden-Württemberg haben sich an der Dehoga-Umfrage zur Bilanz der ersten Öffnungswoche beteiligt. Bei den meisten von ihnen (82,9 Prozent) erfüllten sich die Umsatzerwartungen nicht: Rund 40 Prozent der Befragten gaben an, dass der Umsatz in der ersten Woche nach der Wiedereröffnung bei weniger als einem Viertel des in einer normalen Maiwoche üblichen Wertes gelegen habe. 35 Prozent der Umfrageteilnehmer erzielten zwischen 25 und 50 Prozent des normalen Umsatzes. Lediglich 6,2 Prozent der Befragten gaben an, dass sie mehr als 75 Prozent der in normalen Zeiten üblichen Umsätze erwirtschaftet haben.
„Die Zahlen zeigen, dass die Krise trotz der jetzt existierenden Öffnungsmöglichkeiten für die Speisegastronomie noch lange nicht beendet ist“, erklärt Fritz Engelhardt, Vorsitzender des Dehoga Baden-Württemberg. Positiv bewertet der Verband jedoch die Rückmeldungen seiner Mitglieder zum Gästeverhalten: So berichten neun von zehn Umfrageteilnehmern, dass ihre Gäste Verständnis für die jetzt geltenden Regelungen zeigen.
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Corona-Hilfe
Baden-Württemberg legt weiteres Hilfsprogramm auf
Im Anschluss an die Soforthilfe soll das Gastgewerbe in Baden-Württemberg eine Stabilisierungshilfe erhalten. So ist für die Betriebe eine einmalige Liquiditätshilfe von bis zu 3000 Euro geplant.