Markus Müller sieht die Transformation in eine nachhaltige Wirtschaftszukunft als hoch aktuelles Innovationsthema. Im Interview spricht der Experte für Innovations- und Changemanagement über die Chancen, die Klimaschutz als neues gewinnbringendes Geschäftsfeld bringt, und welche Hebel dafür in Bewegung gesetzt werden müssen.
Der studierte Betriebswirt und systemisch-lösungsorientierte Coach arbeitet als Gastdozent an verschiedenen (Fach-)Hochschulen. Seine Firma beschäftigt sich mit Innovationsmanagement, Unternehmensentwicklung und der Begleitung von Veränderungen. Müller hat Unternehmen vom KMU bis zum Weltkonzern beraten. Als begeisterter Wassersportler ist er früh auf das Thema Nachhaltigkeit aufmerksam geworden.
Herr Müller, Sie betrachten Klimaschutz und Nachhaltigkeit als Innovationsthema für Unternehmen. Warum?
Viele Organisationen begnügen sich mit dem stetigen inkrementellen Weiterentwickeln der eigenen Produkte. Viele schauen nicht weiter in die Zukunft. Um die Innovationspipeline einer Organisation auch auf einen längeren Zeitraum hinaus zu füllen, sind Megatrends ein hervorragendes Suchfeld für Innovationen. Bei Megatrends denkt man schnell, was in zwei, fünf oder gar zehn Jahren sein könnte. Nachhaltigkeit in allen Facetten – und dazu gehört auch Klimaschutz – wird seit Jahren als klassischer Megatrend bezeichnet. Und daher ist dies für mich auch ein klassisches und immer wichtigeres Innovationsthema.
Wie verändert sich die Herangehensweise, wenn man aus Innovationssicht auf Nachhaltigkeit schaut?
Man entwickelt eine multiple Sicht- und Herangehensweise. Oft denkt man bei Innovation an neue Produkte und Dienstleistungen. Ein Innovationsthema kann auch einen Einfluss auf organisationale Kern-, Support- und Kundenprozesse haben. Dazu kommt ein eventueller Einfluss auf das Marketing, auf HR-Prozesse und -inhalte. Und letztlich verändern große Innovationsthemen nicht selten auch die Vision oder sogar den Purpose eines Unternehmens. Somit ist Nachhaltigkeit nicht mehr bloß eine Frage des Produktes, das man anbietet, sondern ein Thema, das fast alle Organisationsbereiche berührt.
Welche Chancen liegen für Unternehmen in dieser Form der Innovation?
Mehrere. Einerseits sichert man auf längere Sicht das Bestehen des Unternehmens und sichert Arbeitsplätze. Andererseits ist es eine Möglichkeit, sich (neu) zu positionieren und gegenüber dem Wettbewerb immer wieder mit einzigartigen Produkt- und Dienstleistungsmerkmalen zu brillieren. Und letztlich ist es dem eigenen Image zuträglich. Wer möchte nicht in einem innovativen Unternehmen arbeiten!
Wird es mit der Innovationsbrille auch leichter, Veränderungen in Unternehmen anzustoßen, als wenn man Nachhaltigkeit als reine Pflichtübung betrachtet?
Ich glaube, ja. Nachhaltigkeit ist ein großes Thema, das oft in bestehende Prozesse und Werthaltungen eingreift. Durch die Innovationsbrille wird das Thema differenzierter betrachtet. Man kann erkennen, dass es in vielen Fällen "Quick Wins" gibt, indem man beispielsweise eigene Produkte nicht mehr linear, sondern zirkulär "denkt". Auf der Produkteebene wird das Thema greifbarer. Jede Transformation braucht mehrere Ebenen. Auch solche, auf denen man nicht in Zeitspannen von Jahren oder gar Dekaden, sondern Monaten denkt. So werden Transformationen besser gestaltbar.