Während Österreich und die Schweiz konkrete Erleichterungen für das Gastgewerbe angekündigt haben, muss die Branche in Deutschland abwarten - diesmal bis zum 6. Mai.
STUTTGART. Mehrere Bundesländer haben Konzepte für einen Restart nach dem Shut Down erarbeitet. Neben Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Niedersachsen gehört auch Mecklenburg-Vorpommern dazu. „Wir wollen den Wiedereinstieg in einen sicheren Tourismus", sagte Ministerpräsidentin Manuela Schwesig dem Nachrichtenmagazin Spiegel. "Sicherer Tourismus heißt, Gaststätten und Hotels unter Corona-Bedingungen schrittweise zu öffnen." Tourismuswirtschaft und Gastronomie bräuchten eine Perspektive. "Darauf habe ich im Gespräch mit der Kanzlerin gedrängt", unterstrich Schwesig.
In der Schweiz kann die Gastronomie bereits am 11.Mai unter strengen Hygieneauflagen an den Start gehen. In Österreich dürfen Gaststätten ab 15. Mai wieder öffnen und Hotels vom 29.Mai an. Der Hotelier Christian Harisch kündigte daraufhin an, einen Teil seiner Hotels wiederzueröffnen, darunter auch das Stammhaus Schwarzer Adler. „Kitzbühel sperrt auf“, erklärte er im Videointerview der ahgz talks. „Das ist ein wichtiges Signal.“ In Deutschland lief am Freitag dagegen die Aktion „Leere Stühle“ der Gastronomie weiter und setzte Zeichen des Protests in vielen Städten. Leaders Club-Präsident Michael Kuriat wertete die Aktion als vollen Erfolg.
In Mecklenburg-Vorpommern trat laut Spiegel bereits am vergangenen Freitag ein Fünf-Stufen-Plan in Kraft. Danach dürfen zuerst Dauercamper und Zweitwohnungsbesitzer wieder nach Mecklenburg-Vorpommern reisen. Als einer der ersten Prominenten postete der frühere Bild-Chefredakteur Kai Diekmann, der in Potsdam wohnt, auf Twitter ein Foto aus seinem Zweitwohnsitz in Heringsdorf aus Usedom mit der Zeile: Finally back on the island!"
Als zweiter Schritt sollen Restaurants mit strengen Hygienevorschriften wieder öffnen dürfen. Dann steht ein „vorsichtiger Start in den Übernachtungstourismus“ auf dem Plan, zunächst mit einheimischen Touristen, später mit Gästen aus anderen Bundesländern und erst am Schluss auch mit Reisenden aus anderen Ländern. Der internationale Tourismus bleibt nach dem Konzept am längsten gesperrt.
„Licht am Ende des Tunnels“ Trotz der riesigen Probleme sieht der Dehoga Bayern inzwischen ein kleines Licht am Ende des Tunnels: „Uns ist bewusst, dass sich die Lage finanziell von Tag zu Tag verschärft. Aber wir spüren auch Zuversicht: Wir beginnen jetzt auf politischer wie fachlicher Ebene mit der Phase, in der es bereits darum geht, ab wann und unter welchen Bedingungen wir wieder für Gäste da sein dürfen. Wir können nicht sagen, wie lang noch der Weg ist, aber wir sehen ein kleines Licht am Ende des Tunnels“, schrieben Präsidentin Angela Inselkammer und Landesgeschäftsführer Thomas Geppert an die Mitglieder.
Bei der Schaltkonferenz der Bundeskanzlerin mit den Ministerpräsidenten der Länder gab es am vergangenen Donnerstag zunächst keinen konkreten Fahrplan für Lockerungen im Gastgewerbe. So wird die Branche von Woche zu Woche vertröstet. Der Dehoga kritisierte: „Im Ergebnis war die Bund-Länder-Schalte für uns enttäuschend. Nun bleibt zu hoffen, dass dies in der nächsten, für den 6. Mai geplanten Runde anders sein wird.“ Völlig unverständlich sei das Argument von Bundeskanzlerin Angela Merkel, dass Restaurants deshalb so problematisch seien, weil an einem Tisch nicht kontrolliert werden könne, ob da eine Familie sitze oder ob da Menschen sitzen, die sich aus verschiedenen Hausständen begegnen. „Das ist aus unserer Sicht falsch“, kommentierte der Dehoga. Genauso gut wie auf Spaziergängen oder im Einzelhandel lasse sich auch im Restaurant die Zusammensetzung kleiner Gruppen kontrollieren.
Neben Perspektiven für das Wiederhochfahren von Gastronomie und Hotellerie und einem Rettungsfonds für alle Betriebe des Gastgewerbes gehöre ein gesetzlicher Anspruch auf Miet- und Pachtminderung zu den Hauptforderungen an die Politik, heißt es in der von Dehoga-Präsident Guido Zöllick und Hauptgeschäftsführerin Ingrid Hartges unterzeichneten Mitteilung. „Um diese Forderung mit aktuellen Zahlen untermauern zu können, starten wir heute eine neue Umfrage und bitten Sie herzlich, uns mit Ihren Informationen unterstützen.“
Wirtschaft fordert schnellen Exit Der Dehoga verwies auf die alarmierenden Zahlen zur Beschäftigungslage. So sei der Zugang in Arbeitslosigkeit im April im deutschen Gastgewerbe um nie dagewesene 208,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat gestiegen. „Das ist die höchste Steigerung aller Branchen der deutschen Wirtschaft. Dazu kommen mehr als 1 Million Beschäftigte, für die unsere Unternehmen im März und April Kurzarbeit anzeigen mussten.“ Auch diese Zahlen machten noch einmal deutlich, dass Unternehmer und Mitarbeiter des Gastgewerbes stärker unter dieser Krise leiden als in allen anderen Wirtschaftsbereichen.
Die Wirtschaft rief die Politik auf, eine Strategie für einen schnellen Exit aus den Beschränkungen der Coronakrise vorzulegen. Sollten die Kontaktsperren weiter verlängert werden, seien massive Wohlstandsverluste und ein dauerhafter Schaden in Wirtschaft und Gesellschaft zu befürchten, sagte der Präsident des Bundesverbands der deutschen Industrie (BDI), Dieter Kempf, im Interview mit den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Jede Woche eines Shutdowns kostet die deutsche Volkswirtschaft einen mittleren zweistelligen Milliardenbetrag an Wertschöpfung.“
Nachdem die Bundesregierung die Reisewarnungen bis zum 14. Juni ausgeweitet hat, haben Politiker der Grünen und der rheinland-pfälzischen SPD die geplante Verlängerung der Grenzkontrollen kritisiert und Bundesinnenminister Horst Seehofer aufgefordert, er solle für eine Lockerung sorgen. rw