Die Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen (FUR) hat eine erste vorläufige Bilanz des Tourismus 2021 erstellt und die touristischen Trends des neuen Jahres ermittelt.
2021 war Tourismus weltweit noch stark gebremst: Der internationale Tourismus ging 2021 im Vergleich zum Vor-Corona-Jahr 2019 um über 70 Prozent zurück. Weltweit wird die Zahl der Ankünfte von internationalen Gästen voraussichtlich bei rund 351 Millionen liegen, nach 381 Millionen 2020 und 1,46 Milliarden im Jahr 2019. Damit liegt das Volumen des internationalen Tourismus etwa auf dem Niveau von 1987.
In Deutschland sank in den ersten zehn Monaten des Jahres 2021 die Zahl der Gästeübernachtungen im Vergleich zum entsprechenden Vorjahreszeitraum um weitere 6 Prozent, nach minus 36 Prozent im Vorjahr. Für 2021 kann man insgesamt mit rund 284 Millionen (nach 302 Mio. 2020) Übernachtungen in Deutschland rechnen. 2019 waren es noch 496 Millionen gewesen. Hintergrund dieser Entwicklung: Seit Jahresanfang 2020 beeinflusst die rasche Ausbreitung des Coronavirus das Leben in nahezu allen Ländern der Welt. Aufgrund der gegen die Verbreitung des Virus ergriffenen Maßnahmen kam der grenzüberschreitende Urlaubstourismus zeitweise fast vollständig zum Erliegen.
Für den Bereich der Urlaubsreisen der Deutschen erwartet die FUR nach den vorläufigen Daten auf der Basis der RA online vom Jahresende für 2021 ein niedriges Niveau der Nachfrage mit einem Volumen von rund 50 Millionen Urlaubsreisen (Niveau wie im Vorjahr). Die erwartete Zahl der Kurzurlaubsreisen (Dauer zwei bis vier Tage) liegt bei 47 Millionen (+27% gegenüber Vorjahr/-50% gegenüber 2019).
Bei allen Bevölkerungsgruppen war die Urlaubsreiseintensität in den Jahren 2020 und 2021 geringer als 2019. Besonders sank die Teilnahme an Urlaubsreisen bei Älteren über 60 Jahre und Personen aus Haushalten mit geringem Einkommen.
Geändert hat sich auch die Gästestruktur in den Zielgebieten: Unter den Urlaubsgästen in Baden-Württemberg waren jüngere Urlauber häufiger als vor der Pandemie. In Österreich gab es Marktanteilszuwächse besonders in den mittleren Altersgruppen (30-69 Jahre), während Senioren (70+) seltener kamen.
Die Indikatoren für die touristische Nachfrage im Jahr 2022 zeigen eine positive Ausgangslage. Hinsichtlich der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung sind die Deutschen optimistischer als noch vor einem Jahr. Positiver wird auch die eigene Lage eingeschätzt: 22 Prozent (Vorjahr 17%) erwarten, dass sich ihre persönliche wirtschaftliche Situation in einem Jahr verbessert haben wird. 24 Prozent (Vorjahr 25%) befürchten eine Verschlechterung. Die restlichen 54 Prozent erwarten keine Veränderung. Die insgesamt als stabil wahrgenommene individuelle wirtschaftliche Situation ist eine wichtige Vorbedingung für den Urlaubstourismus 2022.
Mit Urlaubsreisen 2022 haben sich bereits im November mehr als vier von fünf Deutschen (82%) gedanklich beschäftigt. Ob jemand tatsächlich eine Reise antritt, ist dann eine Frage des Könnens (Zeit und Geld?) und des Wollens (Urlaubslust?). Danach wurde direkt gefragt: Die Urlaubslust ist mit 61 Prozent auf einem Höchststand (Vorjahr 51%), die Faktoren Zeit (72%) und Geld (70%) zum Reisen werden ebenfalls so günstig wie noch nie zuvor eingeschätzt.
Insgesamt drücken diese Ergebnisse eine sehr positive Urlaubsstimmung aus. Deutlich wird so ein aktueller Nachholbedarf. Urlaubsreisen waren und bleiben für die meisten Deutschen ein unverzichtbarer Bestandteil der Lebensqualität. Trotz dieser kundenseitig sehr guten Voraussetzungen ist aber auch 2022 mit einer geringeren Nachfrage im Vergleich zu 2019 zu rechnen. Denn ebenso wie in den Vorjahren beeinflussen die Regelungen und Begrenzungen die Zugänglichkeit und die Kapazitäten touristischer Angebote und damit das Volumen der Urlaubsreisen und deren Gestaltung.
Die Unwägbarkeit der wechselnden Vorschriften führt bei vielen Reisewilligen zum Abwarten bei der konkreten Reiseplanung und -buchung. Der Informationsbedarf ist hoch. Von den Anbietern erwarten Reisewillige viel Flexibilität und Kulanz.
Zu rechnen ist mit einem Volumen von zirka 60 Millionen Urlaubsreisen der deutschsprachigen Bevölkerung, einem noch hohen Anteil von Zielen im Inland und in den Nachbarländern und einem gegenüber 2019 relativ geringen Anteil von Flugreisen. Im Vergleich zu 2020/2021 bedeutet das einen Schritt Richtung Normalisierung zur Situation vor Ausbruch der Corona-Pandemie.
Die Tourismusnachfrage wird „nach“ Corona nicht völlig anders als vor Corona. Die Pandemie spielt als direkter Treiber für die Nachfrageentwicklung eine zeitlich befristete Rolle. Unter der Voraussetzung, dass der Umgang mit der Pandemie wieder ein gesellschaftliches Leben im gewohnten Maß erlaubt, wird das Urlaubsreiseverhalten ab 2023 wieder den ohne Pandemie erwarteten Entwicklungspfad nehmen. Der Wandel kommt vor allem durch Entwicklungen in den Rahmenbedingungen und im touristischen Angebot, etwa bei den Themen Nachhaltigkeit, technologischer Wandel und Personal.