Veränderte Lebensmodelle, gute Renditen und neue Player befeuern das Serviced-Apartments-Segment. Gute Zeiten für Wachstum und frische Konzepte – nicht ohne Herausforderungen.
Wir in der Hospitality-Industrie müssen Antwort auf Trends geben“, sagt Treugast-Partner Stephan Gerhard. „Wenn wir die ersten sind, gewinnen wir.“ Fest steht: Das Serviced-Apartments-Segment versucht sich daran beziehungsweise wird in seiner Entwicklung von den Megatrends beflügelt. Da sind sich alle Teilnehmer des fünften Salongesprächs hosted by AHGZ & Joi-Design – powered by Internoga einig.
Das Segment boomt, das Wachstum ist da, auch wenn der Anteil der Serviced Apartments am deutschen Hotelmarkt erst bei 2,8 Prozent liegt. „Wo die Budgethotellerie als Vorreiter 30 Jahre gebraucht hat, hat es das Segment der Serviced Apartments in zehn Jahren geschafft, sich stark zu entwickeln“, so Gerhard. „Insofern glauben wir, dass noch einiges kommen wird.“ Ein Wachstum bis auf 10 Prozent hält er für realistisch.
„Auf Investoren-Seite steht die Ampel auf grün“, sagt auch Reiner Nittka von der GBI AG, die unter dem Namen Smartments seit 2010 ihr Engagement in der Entwicklung von Mikroapartments ausbaut. „Die Entwicklung des Marktes wird eindeutig noch einmal einen Knick nach oben machen“, sagt er. Christian Scheuerl von der MPC Micro Living Developement GmbH sieht das Segment noch als junges Pflänzchen und warnt: „Wir müssen aufpassen, dass wir uns vom Hype in der gesamten Branche nicht ausbremsen lassen.“ Gefahr sieht er auch bei ausländischen Konzepten, die im ersten Schritt den Markt aufrollen und sich erst im zweiten Schritt überlegen wie sie eigentlich Geld verdienen wollen. Er verweist auf den amerikanischen Coworking-Anbieter Wework, der mit der Brand Welive inzwischen ins Co-Wohnen drängt.
Leisure wächst
Mit einem Anteil von 70 Prozent dominieren Geschäftsreisende den Serviced-Apartments-Markt. „Zielgruppen sind insbesondere Großunternehmen und Consulter“, so Gerhard. „Das macht das Segment zugleich aber auch konjunkturabhängig.“ Anja Müller von Adagio Aparthotels betont, dass Longstay längst nicht mehr nur auf Geschäftsreisende fokussiert sei. „In Metropolen sind Leisure-Gäste sehr wichtig. In Paris und London sehen wir uns definitiv in Konkurrenz zu Airbnb“, sagt sie. Anett Gregorius von Apartment Service bestätigt das: „In den Key-Cities sehen wir Verschiebungen zugunsten der Leisure-Gäste, die dann auch schon mal 40 Prozent ausmachen.“ Das sei allerdings markenspezifisch und konzeptabhängig.
Zugleich ist die Entwicklung des Segments von Megatrends wie Individualisierung, Urbanität und Mobilität getrieben. Anett Gregorius verweist zudem auf die Megatrends Wissenskultur und New Work, aber auch veränderte Lebensmodelle. „Die neue Generation lebt ein halbes Jahr hier, ein halbes Jahr dort. Die wollen Ready-to-live-Konzepte, um gleich ankommen und wohnen zu können.“ Und wer jedes Mal neu an einem Ort ankomme, suche natürlich auch Anschluss: „Deshalb ist der Hype um die Community Spaces so groß“, so Gregorius. Auch für Markus Lehnert, Entwicklungschef aller Marriott-Limited-Service-Marken in Europa, ist klar, dass sich das klassische Wohnen verändern wird: „Gym, Lounge, Concierge-Service und Multifunktionsräume werden durchaus Bestandteil des Wohnens in der Zukunft sein kann“, sagt er. Darüber hinaus sieht er Branded Residences im Kommen – und zwar nicht mehr nur aufs Luxussegment begrenzt, sondern auch im mittleren Preissegment und in innerstädtischen Lagen. Mit Verweis auf den Bau einer Ritz-Carlton-Yacht sagt er: „Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass es irgendwann auch Branded Residences auf einer Yacht geben wird.“
Wie wirken sich die Trends auf die Konzeptentwicklung aus, möchte AHGZ-Chefredakteur Rolf Westermann wissen. Marriott koppelt inzwischen Residence Inn und Moxy an einem Standort. „Die Kombination von zwei Hotelkonzepten, die sich in keinster Weise beißen und verschiedene Märkte bespielen, ist eine perfekte Kombination“, sagt Lehnert. Das ist nicht zuletzt der Wirtschaftlichkeit geschuldet.
Gemeinschaft kommt
Adagio macht es ähnlich: „Um schneller wachsen zu können, arbeiten wir an kombinierten Konzepten, sprich wir bringen Ibis Styles und Adagio Access oder Novotel und Adagio zusammen“, so Anja Müller. Zudem sei man dabei die öffentlichen Bereiche umzugestalten. „Unsere Gäste wollen miteinander kommunizieren, zusammen Events erleben – wir sind hier im Prinzip Eventmanager und organisieren etwa Get-together und After-Work-Drinks.“ Auch arbeite man an Co-Living-Apartments, in denen es eine große, gemeinsame Küche gibt und viele kleinere Einheiten, so Müller, ebenso wie an neuen Gästezimmer-Konzepten, in denen sich die Küche unsichtbar machen lässt – „denn wir sind immer noch Aparthotel und haben durchaus auch Interesse an Gästen, die ein bis drei Nächte bleiben“. Für Interior Designer Peter Joehnk von Joi-Design ist klar: „Der Trend Gemeinschaften zu suchen, ist spannend und die Gemeinschaftsküche ist sicherlich der nächste Schritt.“
Insgesamt sei die Heterogenität der Konzepte inzwischen sehr groß, da sind sich in der Runde alle einig. „Wir haben diese Brandbreite von sehr wohnungsnahen bis hin zu sehr hotelähnlichen Produkten“, so Anett Gregorius. Ihrer Meinung nach muss daher als nächstes eine Spezialisierung einsetzen. Christian Scheuerl hält dagegen: „Der Trend geht hin zu einem Produkt, in das alle Mehrwerte reingepackt werden, so dass am Ende ein Produkt steht, dass 80 Prozent der Bedürfnisse befriedigt.“ Wohin die Entwicklung auch geht, im Fall einer neuerlichen Wirtschaftskrise rechnet Reiner Nittka wohnnäheren Produkten jedenfalls die besseren Chancen aus.
Nicht zuletzt kämpft das Segment trotz seiner Entwicklungschancen auch mit den Realitäten. Angefangen bei der deutschen Baunutzungsordnung, so Nittka, reichen die Herausforderungen von der Abgrenzung wohnwirtschaftlicher versus gewerblicher Nutzung über das Wohnraumzweckentfremdungsgesetz bis hin zu Genehmigungsschwierigkeiten durch Länder und Kommunen. Hinzu kommt die Problematik, dass der Begriff „Serviced Apartments“ nach wie vor für Unverständnis sorgt. „Bei den Leisure-Gästen gibt es immer noch viele Fragezeichen, weil sie mit dem Begriff nichts anfangen können.“ Um dem zu begegnen, plant Anett Gegorius beim Branchentreffen So!Apart Mitte November, ein Video zur Positionierung der Branche, das beantwortet, was das Segment leistet.